Geschichte rund um die Fasnacht in Ettingen


Unter den ehemals hier herrschenden Gebräuchen, dürften folgende für die Nachwelt von Interesse sein.

Hier könnt Ihr euch alle Bilder von damals ansehen.

Elemente der Gugger Fasnacht


Das "Näbegrabe-Tier" am Fasnachtsumzug 1968 (Foto: Frau M. Muster)
Das "Näbegrabe-Tier" am Fasnachtsumzug 1968 (Foto: Frau M. Muster)

Unsere erste Gugger Fasnacht wurde von einigen Cliquen getragen, die sich immer wieder durch neue ergänzten. Den Anfang machten die Näbegrabe-, Holle-, Froschgass- und Lebere-Clique. Die erste ist heute noch aktiv (3. Generation). Ein wichtiger Teil unserer Dorffasnacht war und ist die Guggenmusik. Sie bildete sich aus Aktiven der Dorfmusik und war von Anfang an dabei. In den letzten Jahren entstand daraus die Gugger-Gugge Ettigä. Einen ebenfalls wichtigen Teil unserer Fasnacht steuern auch heute noch unsere Schulen und Kindergärten bei. Mit ihren Züglein beleben sie den Umzug und garantieren das Weiterleben der Fasnacht.

 

Sehr begehrt waren damals die Mäsgli, die am Maskenball an jede Maske verteilt wurden. Auch jede Helferin und jeder Helfer erhielt eines. Im Jahr 1975 beteiligten sich 265 Aktive und elf Wagen am Umzug. Im Jahr 1992 waren es 297 Aktive und ebenfalls elf Wagen.

 

Es kann auch heute festgestellt werden, dass immer viele Junge aktiv mitmachen, sodass unsere Gugger Fasnacht sicher noch lange weiterleben wird.

 


Quelle: Heimatkunde Ettingen, Band 3, 1993, S. 413, Anton Brodmann-Uehlinger, ehem. Präsident

Entstehung Fasnachtskomitee


Im Jahr 1967 taten sich etwa 50 Frauen zusammen, die unter der Leitung von Marlène Muster, Agnes Thüring und einer aktiven Kindergärtnerin, Fräulein von Korff, den ersten Kinderumzug organisierten. Der erste Fasnachtsumzug fand an einem Montagnachmittag statt, anschliessend gab es Tee und Kuchen in der Turnhalle. Ebenfalls wurde unser erstes Fasnachtszeichen geboren, welches viele freiwillige Helferinnen herstellten. Die Idee, Abzeichen statt Plaketten zu verkaufen, wurde bis heute beibehalten. Aus dieser ersten Kinderfasnacht bildete sich im Lauf des Jahres 1968 das erste Komitee. Zu den Gründerinnen und Gründern gehörten Marlène und Peter Muster, Agnes und René Thüring, Marie und Josef Saunier, Anna und Anton Brodmann sowie Camille Thüring als erster Kassier.

Die ersten zehn Jahre wurde das Komitee von Peter Muster, in den Jahren 1978 bis 1984 von Anton Meury präsidiert. Von 1985 bis 2005 war Anton Brodmann Präsident. Danach kamen Hanspeter Bachofner von 2006 - 2010 und Claudia Thüring von 2011 - 2017. Aktuell führt Dominik "Bixe" Hediger das Komitee an.

 

Mit Erlaubnis der Gemeinde fand 1969 am Fasnachtssonntag ein Maskenball statt. Zudem wurde am Sonntagnachmittag ein Umzug durchgeführt und am Montagnachmittag gab es einen Kindermaskenball. Diese Anlässse wurden bis heute beibehalten, nur der Maskenball existiert leider nicht mehr in seiner ursprünglichen Form, sondern findet im kleinen Rahmen am feisse Donnschtig in den Beizen statt.

 

 

Quelle/Autor: Heimatkunde Ettingen, Band 3, 1993, S. 412 f., Anton Brodmann-Uehlinger, ehem. Präsident

Fasnachtszeit


Früher wurde mit dem ersten Feissen Donnschtig, also dreieinhalb Wochen vor der Fasnacht begonnen. Es herrschte Maskentreiben in den Dorfbeizen. Eventuell spielte sogar eine Musik zum Tanz auf.

Die Masken feierten drei Feisse Donnschtig. Heute festen die Gugger nur noch am letzten Donnerstag vor der Fasnacht. Am Fasnachtssonntag spielten früher ein oder mehrere Verein ein Thema aus dem Dorf aus. Das ganze Spektakel dauerte nur etwa eine Stunde. Danach verloren sich die Schaulustigen in den Restaurants. Der Jahrgang, also die zur militärischen Aushebung Aufgebotenen, taten sich mit ihren Mädchen ebenfalls zu einer Fasnachtsgruppe zusammen. Sie führten einen Schnitzelbank vor und sammelten, um ihre Unkosten zu decken. Die Kinder banden Sprisseli zu kleinen Bündchen, Wälleli, zusammen und verkauften sie für einen Batzen. Damit verdiente man sich die Larve oder die beliebten Kracher. Kinder, als Negerli ausstaffiert, sammelten im Auftrag des Pfarrers für Afrika. Die Erstkommunikanten durften nicht am Maskentreiben teilnehmen.

 

Damals konnte man sich im Fasnachtslädeli der Frieda, sprich Frau Malison, die von Kostümen und Larven bis Käpselipistolen alles verkaufte, was zur Fasnacht gehörte, mit allem eindecken wenn man mochte und natürlich wenn man konnte. In diesem kleinen Lädeli am Rumpel (Oberdorfgasse) roch es gemütlich nach Schminke, Mottenkugeln und Petrolofen. Nur allzu gerne verputzen die Kinder ihr Sackgeld in diesem heimeligen Häuschen.

 

Am Montagmorgen standen die Kinder schon in aller Früh auf und versuchten mit allerlei Lärm die schlafenden Ettinger aus den Federn zu bringen. Mit dem Verstellen von Mistkarren und ähnlichem wurden die Bauern geneckt. Sehr beliebt war das Vortragen von Schnitzelbänken. Um 1920 wurde sogar eine Fasnachtszeitung, Der Dubel, herausgegeben. So wie sie sich präsentiert, wurde damit Kritik an der Dorfregierung und an der Leitung der damals stattfindenden Feldregulierung geübt.

 

 

Hier ein Ausschnitt aus dem zweiten Jahrgang von 1922:

S Wyber-Regiment!


1. Es isch doch au ne chaibe Qual

   Für d Männervölcher hüt;

   Für nüt mee lot men inen d Waal

   Denn s Wyb dr Ton aagit!

 

2. Und das tuet unlängscht hie passiere,

    Vor eme hoche, schöne Tag:

    Es Gschänkli will me präsentiere,

    Doch allei mes nit vermag!

 

3. Me het zwar gmacht e Bschtellig scho,

    Doch das Züügli wird halt z stark

    Und d Kasse wird nit chönne cho

    Wenn me nit andere suugt am Mark.

4. Drum will me jetz d Vereiner nää,

    Me loot se zämme cho:

    "Die müesse ihri Fränkli gää,

    Mir hän denn d Eer dervo!"

 

5. Hoch obe thront d Frau Morgestärn,

    Schwingt zerscht e langi Red,

    Sie überbrächt das Gschänkli gärn,

    Doch d Gäldfrog stoot gar blöd!

 

6. "Es wär am beschte drum z erringe

    Für uns die grossi Eer,

    Wenn d Vereiner wotte nes Opfer bringe,

    Hundert Fränkli koschts, nit meer!"


Ettingen als Wintersportort, mit importiertem Schnee: Sujet an der Fasancht 1988 (Foto: D. Stöcklin)
Ettingen als Wintersportort, mit importiertem Schnee: Sujet an der Fasancht 1988 (Foto: D. Stöcklin)

Als in den 1960er Jahren dieses Treiben am Einschlafen war, bildete sich, wie im ersten Text beschrieben, im Jahr 1967 ein Fasnachtskomitee. Es organisierte fortan den Ablauf. Dabei konnte nicht verhindert werden, dass sich unsere ehemalige Bauernfasnacht immer mehr der durchorganisierten Baslerfasnacht anzugleichen begann. Nichts mehr von skurrilem Maskentreiben, von  groben Schlägen mit "Saublootere" oder frechen Sprüchen. Nein, Orangen wurden verteilt und Gutzi, Däfeli, nach den Zuschauern geworfen. Zum Glück ist uns der Spreuer noch geblieben.

Dies soll aber die Verdienste des Komitees nicht schmälern, im Gegenteil, ohne dieses gäbe es vielleicht überhaupt keine Fasnacht mehr. Es gibt heute viele tolle Cliquen mit grossen und kleinen Wagen oder auch einfach Schissdräckzügli, auf die wir ebenso stolz sind.

 

 

Der Aschermittwoch beendete das Treiben und brachte den Beginn der Fastenzeit. Mit geweihter Asche wurde in der Kirche der Segen auf die Stirn aller Gläubigen gezeichnet. Die Worte "Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zu Staub zurückkehren wirst" erinnern an die Vergänglichkeit unseres Lebens. In der Kirche wurden bis zur Ostern Kreuzwegandachten gefeiert.

 

 

Quelle: Heimatkunde Ettingen, Band 3, 1993, S. 322 f.

Herrenfastnacht


Wie an der alten Fastnacht beim Fastnachtsfeuer, so ging es auch an der Herrenfastnacht beim Tanzen in früherer Zeit, etwas grossartiger zu und her. Gewöhnlich versammelten sich am Fastnachtsmontag morgens alle Knaben, d.h. Jünglinge, welche ein Mädchen hatten, und zogen Paar an Paar zur Kirche, wo eine heilige Messe fürs sie bestellt war. Während der Messe war Opfergang: der älteste Knabe und das älteste Mädchen gingen dabei voraus. Nach dem Gottesdienst nahm jeder Knabe sein Mädchen mit nach Hause und gastierte es da über Mittag. Nachmittags, sobald die Musik das Zeichen dazu gab, ging es auf den Tanzboden und wurde tüchtig getanzt und zwar ununterbrochen bis Mittwoch morgens (natürlich wurde dazwischen auch getrunken und gegessen). Die eigentliche Tafel war damals nachts um 24:00 Uhr, also um Mitternacht.

 

Am Mittwochmorgen führte jeder Knabe sein Mädchen wieder heim und war nun umgekehrt über Mittag ihr Gast. Nachmittags versammelten sich die Knaben wieder ohne die Mädchen, um die Fastnacht für dieses Jahr zu begraben. Sie nahmen dazu eine grosse Puppe, zogen damit im Dorf herum und verscharrten sie schlussendlich in irgendeiner Ecke. Dabei wurde ien grosser Krug mitgetragen, aus welchem jeder, der dem Zug begegnete, zu trinken bekam. War dieser Krug leer, wurde er im nächsten Haus eines Fastnachtsknaben wieder gefüllt. Am Donnerstag dann endlich, fing man dann im Ernst (?) das heilige Fasten an.

 

Am Sonntag jedoch, fand aber noch eine kleine Nachfeier der Fastnacht statt, indem die Fastnachtsknaben zur Entschädigung für ihre gehabten Auslagen bei ihren Mädchen die Fastnachtsküchlein einzogen. Bei dieser Gelegenheit gönnte man sich natürlich auch noch einige Gläser des edlen Rebensaftes, denn "Liquidum non frangit jejunum", zu Deutsch "Flüssiges bricht das Fasten nicht".

Den Mädchen gab der Samstag Abend und Sonntag Morgen zu schaffen, doch sie unterzogen sich gerne dieser Arbeit und wurden sogar von den andern, die nicht dieses Privileg hatten, beneidet. Denn man sagte, diese müssten ihre Küchlein nach Basel zum Markt tragen.

 

 

Quelle/Autor: Heimatkunde Ettingen, Originalvorlage von 1883, S. 67 f., Lehrer Paul Brodmann

Das Fasnachtsfeuer (Chronik 1)


Wie heute noch, wurde auch schon früher nach Aschermittwoch, der sogenannten alten Fastnacht, bei anbrechender Dämmerung ein Fastnachsfeuer angezündet. Damals war dieses Feuer und der Brauch aber viel grossartiger und ist wie das damit verbundene Scheibenschiessen noch ein Überbleibsel aus dem allemannischen Heidenthum. Während jetzt nur noch ein Feuer von den jungen Männern angezündet wird, gab es damals zwei Feuer und auch die älteren Herren beteiligten sich dabei. Das Eine befand sich auf der Holle über dem Dorf, das andere im Schaien, damals Maijeten genannt. Ersteres war für die Männer, das andere für die Frauen. Zuerst wurde das der Männer angezündet, dann das der Frauen und zwar von Ersteren, die sich zu diesem Zweck in Prozession mit Fackeln zu der Maijeten begaben.

Bevor jedoch die Feuer angezündet wurden, wurde dabei von den Anwesenden gemeinschaftlich der Rosenkranz gebetet. Bei dem Feuer wurde dann gesungen, getanzt und Scheiben geschossen. Es war damals wie heute ein überwältigender Eindruck, wenn man in der ganzen Umgebung – im Westen vom fernen Elsass her bis zum Gempenstollen und bis weit über den Schwarzwald hinaus – Feuer an Feuer gereiht sah. Je nach Wetter konnte man oft über 30 und sogar mit blossem Auge die Fackelzüge, z.B. von Benken, Arlesheim und Münchenstein, erkennen.

"Ein Anblick herrlich ist's und schön,

die Schaar so von den nächsten Höhn,

im milden Abendlicht zu sehn."

Wenn dann das Feuer bereits gelöscht war, ging die ganze Gesellschaft – Jung und Alt, die Knaben meist einen Fackelzug bildend und in Begleitung der Dorfmusik – den Berg hinunter, und begab sich nach Auslöschung der Fackeln, ins Gasthaus zum Bad. Dort geniesste man dann im geräumigen und festlich erleuchteten Saal die sogenannten Fastnachtsküchli, trank auch das Eine oder Andere und tanzte bis spät in die Stunde zu abwechselnden Gesang- und Musikeinlagen. Die sogenannte Fastnachtstanne (auf der das Feuer der Männer brannte), gehörte nachher dem jüngsten Ehemann, der dafür bei der Prozession die Fahne zu tragen hatte.

 

 

Quelle/Autor: Heimatkunde Ettingen, Originalvorlage von 1883, S. 65 ff., Lehrer Paul Brodmann

Das Fasnachtsfeuer (Chronik 2)


Der Holzstoss zum Fasnachtsfeuer wird aufgeschichtet (Foto: P. Brodmann-Kron)
Der Holzstoss zum Fasnachtsfeuer wird aufgeschichtet (Foto: P. Brodmann-Kron)

Als Abschluss der Fasnacht folgte schon in der Fastenzeit der Fasnachsfüürsunntig. Der Jahrgang sammelte am Sonntagnachmittag mit viel Lärm und dem Spruch: "Wälle, Wälle Strau – Gäld nämme mer au" die bereitgestellten Wellen (Bündel aus Reisig, also dünnen Zweigen, und Geäst), Stroh und allerlei sonst brennbares Material zusammen und führte es zum Fasnachtsfeuerplatz. Dort wurde es unter Anleitung des Bannwartes oder des Gemeindewegmachers aufgeschichtet.

Bis zirka 1970 wurde das Feuer an den Hofstetterstrasse angezündet. Als nun an der Oberdorfgasse Neubauten errichtet wurden, zügelte man, um Schäden an den Häusern zu vermeiden, auf den Rebhübel in den Schönort. Der Kulturhistorische Verein organisiert nach dem Eindunkeln (ca. 19:00 Uhr) ein Fackelumzug und verteilt dazu Fackeln an alle teilnehmenden Kinder. Mit diesem Umzug schreiten die Kinder und Erwachsenen unter der Begleitung des Musikvereins zum Fasnachtsfeuer. Wie man bei P. Brodmann oder Pfarrer Sütterlin nachlesen kann, sollen einst zwei Feuer gebrannt haben. Das eine für die Frauen, das andere für die Männer.

 

Mit den im Vorjahr hergestellten Schiible wurde der Frühling begrüsst und dem Winter der Garaus gemacht. Mit der Herstellung der genannten "Geschosse" mussten von den Jungen teils viele Verletzungen vom Sächsli (Gertel) oder Hoogemässer hingeommen werden, bis sie einigermassen rund gerieten.Die Freude am Schiessen aber konnte weder ovalen Scheiben noch von solchen mit einem exzentrisch gebohrten Loch betrübt werden. Hauptsache sie waren selbstgemacht und das ersehnte Spektakel konnte stattfinden. Andere Kinder sammelten die verschossenen Scheiben am nächsten Morgen ein und kamen so zu ihrer "Munition" für das nächste Jahr.

 

 

Die älteren Schiibeschiesser erinnern sich an noch an folgendes Verslein:

Franz Schaub-Sauter (Aschill-Franz)
Franz Schaub-Sauter (Aschill-Franz)

 

 

 

"Schiible, Schiible dr Rai ab,

Dr Anggehaafe het e Bei ab,

D Chüechlepfanne dr Bode duss,

Jetzt isch di alti Fasnecht uss."


Nach dem Fasnachtsfeuer traf man sich in den Dorfrestaurants zu einem fröhlichen Ausklang. Die Kinder durften auch mit und kamen so zu einem der wenigen Besuche der Beizen. Schön war es auch, einmal ganz spät zu Bett gehen zu können. In einigen Restaurants wurden Fasnachtschüechle oder Schengele aufgestellt. Im Bad oder im Fürstenstein war Tanz.

 

 

Quelle: Heimatkunde Ettingen, Band 3, 1993, S. 323 ff.